Segelbundesliga Velden 2023 – ein Rückblick
von Ernst Gruber
Michael, Valentin, Martin sowie Rookie Ernst nahmen diesmal in Velden am ersten Event der Segelbundesliga 2023 teil. Der Yachtclub Velden sowie die Firma Schmalzl hatten alles bestens vorbereitet, um den Teilnehmern die drei Tage von 2. bis 4. Juni so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir waren als eines der ersten Teams bereits am Freitag um circa 9 Uhr 30 vor Ort.
In der Werft der Firma Schmalzl waren die Tische und Bänke für die Teams schon aufgebaut, und auch die Ausschank für Bier, Spritzer und alkoholfreie Getränke war in Betrieb, sogar eine Kapsel-Kaffeemaschine gab es. Am Freitag und Samstag wurden die Abendessen in der Halle inklusive Nachspeise serviert. Am Freitag gab es auch Livemusik – was die Stimmung deutlich anhob. Durch das bewährte SAP-Tracking konnten wir auf einem Monitor die aktuellen Ergebnisse einsehen. Der Livestream inklusive dem Moderator in seiner Koje war auch vorbereitet und wurde durch diverse Cams und Drohnen unterstützt.
Die Teams, teilweise in neuer personeller Zusammensetzung, kamen dann sehr rasch in die Halle.
Die Eröffnung durch Funktionäre der Bundesliga, des Yachtclubs Velden und durch Vertreter der Fa. Schmalzl haben einige Neuerungen gegenüber den vergangenen Jahren bekannt gegeben. Am allerbesten war natürlich, dass der vorgeplante und erwartete Wind aus Nordosten bereits mit leichter bis mittlerer Windstärke vorhanden war.
Unser Training war bei etwas weniger aber gerade noch ausreichendem Wind mit der Positionierung des Teams und dem Training des Handlings ausgefüllt. Da keiner nach uns kam, um mit unserem Boot zu trainieren, war die Dauer mit 45 Minuten länger als ursprünglich geplant.
Tag 1
Der Freitag war wettermäßig soweit o.k., wenn es auch zwischenzeitlich eine kleine Phase der Flaute beziehungsweise drehende Winde gab, aber es wurden bereits drei Flights fertig und der vierte wurde gestartet. Viele Frühstarts und Strafen für die teilnehmenden Teams verschönten unsere Ergebnisse etwas, sodass wir vom Tabellenende aus gesehen entgegen unseren Erwartungen noch vertretbar platziert waren: 16te von 18 Teams. Trotz des Appells der Jury, sich bei der Eröffnung immer gut freizuhalten, um Schäden zu vermeiden, passierte es doch, dass bei stärkerem Wind die Wolfgangseer die NCA-Crew mit dem Bug querab knapp nach der Mitte bei fixierter Großschot mit voller Geschwindigkeit rammten und die Rumpf-Deck-Kante so beschädigten, dass man fast durchschauen konnte. Notdürftig wurde der Schaden mit einer Folie abgeklebt. Am Abend wurden erste Reparaturmaßnahmen eingeleitet und unter Mithilfe durch unseren Martin durchgeführt. Am Samstag war der Schaden bereits notdürftig repariert. Die Wolfgangseer bekamen dafür zwei Strafpunkte – seit heuer eine neue Regelung bei Schäden. Bei Berührung zweier Boote ohne Schaden kann ein Strafpunkt vergeben werden.
Tag 2
Am Samstag war der Wind von Nordosten schon um 10 Uhr stark genug, dass Rennen gestartet werden konnten. Ergebnismäßig wurden wir da leider durch die steilere Lernkurve der anderen Teams auf den Boden der Realität heruntergeholt. Ein Beispiel: Das BYC-Team, das am ersten Tag mit Platz 18 noch nicht an die letzte Saison anschließen konnte, hat sich um circa 10 Plätze ordentlich verbessert und war zum Schluss sogar auf dem fünften Rang. Durch die fehlenden Bestrafungen bei den anderen Teams und durch die an uns verhängten Strafen, hauptsächlich für riskante Unterwendungsmanöver, wurden wir in Folge auf den letzten Platz zurückgereiht. Nur die letzten zwei Rennen an diesem Tag gaben uns Hoffnung, dass wir doch mit den qualitativ wesentlich besseren Teams da und dort mithalten könnten. In unserem vorletzten Race hatten wir noch die Chance auf den 5. Rang, und den wollte uns ein Team im Downwind noch streitig machen. Jedoch konnten wir seine Angriffe trotz seines teilweise höheren Speeds im Luv durch eine gut getimte Halse und durch sehr guten Trimm des Gennakers bis ins Ziel abwehren. Bei unserem letzten Race des Tages hatten wir endlich auch nach dem Start einen guten Speed und wir waren an der Luvtonne mit Unterwenden und Hochschießen inklusive Fockbergung auch Zweite. Nach der Luvtonne haben wir durch Halsen die linke Seite down genommen. Am Lee-Gate waren wir dann sogar Erste – was wir den Luvduellen an der rechten Seite verdankten. Taktisch wäre es zwar sinnvoll gewesen, die rechte Tonne zu runden, jedoch wäre das mit mehr Risiko betreffend der Überlappung mit den Verfolgern und der Abdeckung beim ersten Kreuzschlag im Lee der restlichen Verfolger unter Gennaker gewesen. Michael entschied sich für die entferntere und einfachere Tonne - Bergen Gennaker und Anluven - und wir sind bei der Kreuz an der Luvtonne nur einen Platz zurückgereiht worden. Der Downwind wurde wieder mit der Halse oben an der Luvtonne eingeleitet, und wir konnten bis ins Ziel den zweiten Platz behaupten, und zwar deswegen, da der Tabellengegner Lakeside unmittelbar hinter uns versuchte, uns noch mit Wegerecht (Wind von Steuerbord) unter Druck zu setzen. Durch Halsen waren wir wiederum im Wegerecht gegenüber Lakeside und konnten sie durch Luven und lautstarkes „Raum“-Rufen sowie „Druck sie auffi“-Informationen zum ausreichenden „Bremsen“ zwingen, sodass wir tatsächlich bei der Zieldurchfahrt Zweiter blieben. Lakeside hat uns dabei übrigens berührt und hätte nach unserem Protest durch die Jury zu einem Ringerl vor dem Ziel verdonnert werden müssen, jedoch hat der Schiedsrichter die leichte Berührung des Gennakers an unserer Saling beziehungsweise Want nicht gesehen, konnte daher auch keine Strafe aussprechen und hat unseren Protest abgewiesen. Beflügelt von diesem Erfolg hofften wir natürlich, dies am Sonntag wiederholen zu können.
Tag 3
Der Sonntag begann anfangs mit leichtem Wind von Osten und man startete das erste Rennen. Es musste jedoch wegen drehender Winde und gegen Null sinkender Windstärke abgebrochen und nach längerer Wartezeit neu gestartet werden. Als wir dann gleich dran waren, haben wir leider auch nur das Boot übernommen und haben dann auf den Start warten müssen – alle Teams bis auf unseres legte an, und nur wir sind mit der Groß herumgetümpelt und wurden von der Drohne der Berichterstattung im Livestream übertragen. Das war deswegen so, weil erklärt worden war, dass kein Vorsegel verwendet werden dürfe, während AP gesetzt ist. So ist eben die Aufmerksamkeit gegenüber den Letzten in der Rangliste. Nach dem Anlegen und nach Prophezeiung des Teams von Velden, dass kein Wind kommen mehr würde, sind wir mit der Erwartung an Land gegangen, dass sich das Wetter beziehungsweise seine dafür zuständigen Göttinnen und Götter recht wenig um unsere Annahmen und Prognosen schert. Nach ein bis zwei Stunden konnten wir dennoch wieder starten. Unser Erfolg vom Vortag wollte sich jedoch nicht wiederholen. Michael ist wieder sein Manöver des letzten Augenblicks – jedoch für die anderen Teilnehmer – gefahren, wir mussten wieder ein Ringerl drehen und waren dadurch wieder Letzte. Unsere Manöver und die Ausweichmanöver der anderen Teilnehmer haben uns während des gesamten Events nicht vermuten lassen, dass es daran liegen könnte, dass wir jetzt dort sind, wo wir sind. Ausgenommen seien die schon erwähnten Unterwendungsmanöver, die leider vom Timing nicht ganz gepasst haben und dank der anderen Teilnehmer zwar keinen Schaden verursacht jedoch immer berechtigte Strafen nach sich gezogen haben. Diese unsere letzte Wettfahrt in diesem Event beendeten wir auf dem abgeschlagenen sechsten Platz – auch das war ungewöhnlich, da wir selbst als Sechster sehr oft sehr knapp hinter dem Fünftplatzierten ins Ziel kamen. Aufgrund des nicht vorhandenen Windes beziehungsweise auch aufgrund des drehenden Windes wurde bis circa 16 Uhr 20 gewartet. So konnte kein Flight mehr gestartet werden, und damit war die Regatta beendet. Und pünktlich zur Siegerehrung um 17 Uhr kam dann der Wind aufgefrischt aus Nordost auf gute 2 – 3 Windstärken, und das dann konstant... Die Siegerehrung war schnell geschehen: Die ersten drei Teams wurden mit Auszeichnungen versehen – alle Teams bekamen einen Sekt.
Resümee
Die Starts unsererseits waren großteils gut bis sehr gut, einer ausgenommen: Da wurden wir in der Todeszone (= rechts neben dem Startschiff) tatsächlich und bei diesem Teilnehmerfeld erwartungsgemäß „getötet“. Martin hat uns dort jedoch ein tolles Befreiungsmanöver (Stichwort „Vorsegel Back“ 😉) vorgeschlagen, aber das Team war für dieses Manöver zu dieser Zeit noch nicht reif. Daher sind wir nach einem kleinen Sesselkreis über rechts und Halse dann hinter den anderen gestartet. Bei mindestens zwei Starts wurden wir am Pinend (=Boje der Startlinie) nicht als Frühstarter erkannt, d.h. da haben wir sogar das Optimum an „Rechtzeitigkeit“ an der Startlinie geschafft. Wir hatten nur einen (erzwungenen) Frühstart, den wir jedoch am Pinend auch schnell durch Runden der Pinend-Tonne und Luven auf die rechte Seite der Bahn „repariert“ haben. Generell waren Frühstarts anfangs eine Visitenkarte der Eliten, sozusagen der „gute Ton“, den man mindestens einmal als Team anschlagen muss. Andererseits gab es keinen allgemeinen Rückruf oder und keine Startverschärfungen. Bei einem Race wareneinmal sogar vier Boote retour gefahren um neu zu starten. Unsere steirischen SegelkollegInnen des NCA sind bei diesem Race Erste geworden. Der NCA hat auch sonst sehr gut performt – neben diesem „geschenkten“ Einser, den man aber auch erst einmal nach Hause fahren muss, haben sie auch einen selbst erfahrenen Einser in ihrer Wertung.
Die größte Herausforderung ist, das Boot zu beschleunigen, den maximalen Speed auf der Kreuz zu fahren und zu halten - natürlich unter vertretbarer Höhe zum Wind-Ziel-Wegpunkt. Daneben gibt es noch alle anderen wichtigen Dingen wie Manöveroptimierung, Gewichtstrimm (Lee-Luv, Heck-Bug), richtige Bahnseite, Winddreher, taktisches Verhalten und Strategie. Da muss man sich wirklich spezifisch mit diesem Boot und dem für es nötigen Segel- und Gewichts-Trimm auseinandersetzen. Solange das nicht verbessert wird, ist jeder Erfolg eher ein Zufall oder dem Versagen der Gegner zu verdanken.
Die Veranstaltung war für uns betreffend Location, Wind und seglerischer Herausforderung ausgezeichnet. Die Ergebnisse entsprechen dem Erfahrungsrückstand gegenüber den anderen Teams. Laut Michael gab es heuer häufiger Stresssituationen an der Luvtonne, daher auch die vielen Ringerl – d.h. der Teamperformancetrend zeigt schon deutlich nach oben. Es gibt selten die Gelegenheit, unter sehr fairen Bedingungen gegen die besten österreichischen Segelclubs zu segeln und sich messen zu dürfen. Michael wird sich mit seinen häufigen Teilnahmen an hochwertigen Events mit bewiesener Konstanz ständig verbessern. Man versteht, dass es nicht einfach ist, Leute für diese Events zu rekrutieren, da es für das einzelne Crewmitglied neben den finanziellen und/oder auch zeitbudgetären Faktoren auch die sportlichen und mentalen Herausforderungen zu bewältigen gilt. Hier fehlt es uns eindeutig an olympiarelevanten Regattaerfahrenen aus den Klassen mit großen Feldern wie z.B. 420er oder 470er. Da muss man auch ständig mit dabei sein und zumindest im Mittelfeld (national/International) mitfahren können, um von ausreichender Erfahrung zu sprechen. Diese Basis haben die Teams, die vorne regelmäßig mitfahren, in ihren Clubs. Daher darf man die Erwartungen nicht zu hoch schrauben, aber so wie auch das NCA-Team sich im Mittelfeld positioniert hat, kann auch der CYC sich zukünftig noch besser positionieren. Das Ziel könnte vorerst das obere Ende des dritten Drittels sein, also Platz 13 oder 14, und damit außerhalb der Relegationszone.
Der Verfasser dieser Zeilen wünscht Michael und seinem Team weiterhin die Kraft und Ausdauer sowie den Willen zur stetigen Verbesserung und natürlich die daraus resultierenden guten Ergebnisse für die kommenden Events. Der Verfasser, der diesmal auch mitgefahren ist, hat leider auch nichts Signifikantes beitragen können, um diese Ergebnis zu verbessern. Möglicherweise gelingt es schon beim nächsten SBL-Event besser, entweder, weil das, was an Verbesserungsmöglichkeiten erkannt wurde, in der Umsetzung auch Wirkung zeigt, oder einfach, weil der Verfasser das Team nicht mehr behindert. Es hat ihm jedoch neben der beeindruckenden Performance aller Teams, inklusive unserem, selbst sehr viel Spaß gemacht und auch sehr gute Einblicke in den Bewerb gewährt. Er hofft, dass er das Ergebnis nicht verschlechtert hat – sei es durch sein Zutun oder sein Nicht-Zutun😉.
Unter dem Link findet ihr neben dem Ergebnis auch alle anderen Analysemöglichkeiten und Medien dazu...
Links:
Österreichische Segelbundesliga 2023 - Velden
Yacht Club Velden